Die Erstbegehung dieser Abenteuerroute inmitten der Rubihorn Nordwand konnten Michaela und ich ohne das Setzen von Bohrhaken realisieren. Trotz der vergleichsweise einfachen Kletterei handelt es sich um eine der anspruchsvollsten Routen der Wand. In der 6. SL verläuft "Rubi Direct" auf der Linie der "Direkten Nordwand".
Im März 2021 kletterten Michaela und ich zwei neue Linien im zentralen Teil der Rubihorn Nordwand. „Fast Lane“ ist gut eingerichtet und bietet nicht nur interessante Kletterei, sondern auch die ein oder andere Option zum Überholen bei erhöhtem Verkehrsaufkommen in der „Klassischen Nordwand“. Die hier beschriebene „Rubi Direct“ hingegen beinhaltet kaum fixes Material und ist bei vergleichbaren Schwierigkeiten dementsprechend deutlich anspruchsvoller.
Die Erstbegehung der Route „Rubi Direct“ erfolgte am 13. März 2021 in knapp 4,5 h vom Einstieg zum Gipfel. Abgesehen von einer Seilschlinge am Stand nach der ersten Seillänge (große Schuppe) wurde kein Material belassen. Nur im Mittelteil, wo die Route gemeinsam mit der „Mittleren Nordwand“ verläuft, fanden sich ein paar Haken – dennoch ist es möglich, dass weitere Teile der Route bereits früher begangen wurden.
„Rubi Direct“ ist eine Rubihorn-typische Gras-Mixedroute für routinierte Winterkletterer. Sie führt im Bereich der „Mittleren Nordwand“ in direkter Linie zum Gipfel und bietet schöne, meist einfache Kletterei, mit einer spektakulären 3. Seillänge. Die Route ist weitestgehend „clean“ – eine brauchbare Absicherung ist nur mit etwas Geduld, handwerklichem Geschick und dem richtigen Material zu haben. Es darf gehämmert werden!
Bei der Erstbegehung verzichteten wir gänzlich auf Zwischensicherungen und konzentrierten uns aufs Bauen sicherer Stände, die meist aus vier Fixpunkten bestanden. Zum Verbinden der Fixpunkte empfehle ich zwei 6-mm-Polyamid-Reepschnüre mit einer Länge von jeweils 6 m (höhere Dehnbarkeit und damit besserer Kräfteausgleich als bei Kevlar oder Dyneema).
Entscheidend sind eine stabile, gut gesetzte Schneedecke sowie tiefe Temperaturen, damit die Graspolster halten. Zumindest nachts und morgens sollten die Temperaturen in der Wand deutlich unter null liegen. Eine Wiederholung sollte man nur bei eindeutig guten Bedingungen in Betracht ziehen.
Vom Parkplatz „Gaisalpe“ am Ortsrand von Reichenbach (bei Oberstdorf) dem geteerten Fahrweg zur Gaisalpe folgen. Nach kurzer Zeit entweder links durch den im Winter offiziell gesperrten Gaisalptobel (etwas schneller) oder weiter über den Fahrweg. Etwa 50 m, nachdem der Tobelweg und der Fahrweg wieder aufeinander treffen, zweigt man rechts ab und folgt einem Forstweg. Vorbei an der unteren Richtersalpe zum großen Geröllfeld unterhalb der Rubihorn Nordwand. Das Geröllfeld hinauf bis kurz vor (ca. 30 m) den Einstieg der „Klassischen Nordwand“. Insgesamt ca. 1h30.
Fußabstieg vom Gipfel: Im Bereich des Sommerwegs zum unteren Gaisalpsee und weiter zum Wanderweg, der zur Gaisalpe führt.
1. SL: 40 m, M4-5. Kurze M5-Stelle direkt am Start, dann leichte Graskletterei (M2) zum großen Band, dort nach links zu Stand an großer Schuppe mit Seilschlinge (eingerichtet).
2. SL: 30 m, M5. Rechtshaltend bis unter markante geneigte Platte mit Grasspur. Stand selbst einzurichten (unter anderem Tricam 3.5).
3. SL: 35 m, M3-4. Der Grasspur folgen bis ans Ende der Platte, dann im Schneefeld nach oben zu den nächsten Felsen. Stand selbst einzurichten.
4. SL: 35 m, M4. Rechtshaltend empor zu Absatz an der Kante des Pfeilers. Stand selbst einzurichten.
5. SL: 20 m, M2-3. Die Rinne empor zu Stand aus Normalhaken (schlechte Qualität) der „Mittleren Nordwand“.
6. SL: 60 m, M2. Gerade hoch zu Stand aus 1 BH und Normalhaken der Verbindung zwischen Ruby Tuesday und Carpe Diem.
7. SL: 55 m, M3. Vom Stand ca. 5 m nach rechts (Band), dann in schöner Graskletterei empor und weiter rechtshaltend zur großen Rampe der „Mittleren Nordwand“. Die Rampe hinauf, wobei die Linie der „Mittleren Nordwand“ gekreuzt wird. Stand selbst einzurichten an den rechten Begrenzungsfelsen der Rampe.
8. SL: 35 m, M3. Über kurze Graswand hinauf zur oberen Rampe, dieser 20 m links ansteigend folgen bis zum nächsten Felsriegel, dort Stand (selbst einzurichten).
9. SL: 30 m, M4. Den Felsriegel überwinden, im darüberliegenden Schneeband rechtshaltend ansteigen und letzten Felsriegel hinauf (heikel). Stand an Latsche.
Weiterweg: ca. 180 m, Schnee bis 50° und Stellen M2. In Falllinie des Gipfels gerade hoch bis knapp unter den Gipfel, zuletzt linkshaltend zum Gipfelgrat (M2-3).